16. Ausbreitungsrechnung - Stickstoffprüfung

Damit ist die Prüfung von Stickstoffeinträgen in der FFH-Verträglichkeitsprüfung für Vorhaben gemeint.

Die Prüfung von Stickstoffeinträgen auf Grundlage der Ergebnisse der durchgeführten Ausbreitungsrechnung basiert auf der Methodik des 'Stickstoffleitfadens Straße' (H PSE, Hinweise zur Prüfung von Stickstoffeinträgen in der FFH-Verträglichkeitsprüfung für Straßen, FGSV 2019) sowie auf dem Stickstoffleitfaden BImSchG-Anlagen (Hinweise zur Prüfung von Stickstoffeinträgen in der FFH-Verträglichkeitsprüfung für Vorhaben nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz, LAI und LANA 2019).

Wenn eine feine Ausbreitungsrechnung durchgeführt worden ist und Lebensraumtypen in FFH-Gebieten voraussichtlich betroffen sind, kann je FFH-Gebiet eine FFH-VP angelegt und dem Emittenten zugewiesen werden. Alternativ kann auch eine bestehende VP ausgewählt und dem Emittenten zugewiesen werden. Dadurch werden alle Prüfschritte im Rahmen der Stickstoffprüfung automatisch durchgeführt und die Ergebnisse im VP-Protokoll unter einem neuen Reiter ausgegeben.

Aktuell sind in der Naturschutzdatenbank des Landes für stickstoffempfindliche LRT die Critical Loads als Min- und Max-Werte einheitlich für ganz NRW definiert. Standardmäßig wird bei der Auflistung der betroffenen LRT die minimalen CL ausgelesen und für die weitere Auswertung verwendet. Der CL kann aber durch Sie oder durch die prüfendende Naturschutzbehörde unter Angabe von z.B. standörtlich Gründen angepasst werden.

WICHTIG: Die Änderung des CL wird nur wirksam, wenn Sie anschließend eine neue FFH-VP anlegen bzw. eine der Ausbreitungsrechnung bereits zugewiesene FFH-VP aktualisieren oder eine bestehende FFH-VP neu zuweisen.

Nach Anpassung eines Emittenten und einer erneut durchgeführten feinen Ausbreitungsrechnung können sich die Auswirkungen auf ein FFH-Gebiet ändern. Daher werden beim Starten der Ausbreitungsrechnung zunächst die Ergebnisse der Stickstoffprüfung sowie die automatisch erfolgte Datenübernahme im Protokollteil B (Fläche) einer FFH-VP gelöscht. Die im Protokollteil B erfassten LRT sowie alle von Ihnen erfolgten Angaben bleiben allerdings erhalten.

Um die neue Auswertung der voraussichtlich betroffenen LRT eines FFH-Gebietes auf die bereits zugewiesene FFH-VP erneut zu übertragen können Sie die jeweilige FFH-VP aktualisieren.

Jeder LRT, der im Rahmen der Stickstoffprüfung geprüft wird, wird automatisch im VP-Protokoll Teil B als ‚Durch Plan/Projekt betroffener Lebensraumtyp‘ mit dem Wirkfaktor ‚Stickstoff- u. Phosphatverbindungen / Nährstoffeintrag‘ angelegt. Des weiteren wird als Fläche für den Wirkfaktor der ermittelte sog. ‚quantitativ-absolute Flächenverlust‘ (Flächenäquivalenzwert) automatisch eingefügt. Diese kann angepasst werden, z.B. wenn sich die Fläche der Beeinträchtigung durch geplante Maßnahmen verringert. Dies sollte entsprechend im Bemerkungsfeld vermerkt werden.

Bitte beachten Sie: Wenn die Stickstoffprüfung aus der Ausbreitungsrechnung heraus aktualisiert wird, wird auch die Angabe zur Fläche überschrieben. Alle anderen von Ihnen erfolgten Angaben hierzu bleiben allerdings erhalten.

Nein. Die Stickstoffprüfung erfolgt nach einem fest definierten rechnerischen Ansatz mit den zur Verfügung stehenden Datengrundlagen.

Die Hintergrundbelastung für die Stickstoffdeposition wird bundesweit vom Umweltbundesamt (UBA) veröffentlicht. Diese wird als dreijähriger Mittelwert aktuell für die Jahre 2013 bis 2015 angegeben. Die veröffentlichten Daten entstammen dem UBA-Forschungsprojekt 3714 64 2010„Modellierung und Kartierung atmosphärischer Stoffeinträge von 2000 bis 2015 zur Bewertung der ökosystem-spezifischen Gefährdung von Biodiversität in Deutschland“ auch bekannt unter dem Akronym PINETI-3 (Pollutant INput and EcosysTem Impact). Die Hintergrundbelastung wird vom UBA fortgeschrieben.

Innerhalb des betroffenen FFH-LRT wird die Hintergrundbelastung von einem Webdienst des Umweltbundesamtes abgefragt. Weitere Informationen siehe unter http://gis.uba.de

Der UBA Datensatz kann maßstabs- und methodenbedingt lokale Einflüsse einzelner Emissionsquellen nicht ausreichend berücksichtigen, da hierbei alle Quellen auf einem Raster von etwa 7 x 8 km² gleich verteilt werden. Dies betrifft vor allem größere Depositionen im Nahbereich des Vorhabens. Daher werden alle Stickstoffdepositionen von bereits genehmigten Vorhaben Dritter, die im FIS protokolliert sind und im Bereich des betroffenen FFH-LRT eine Deposition von mindestens 1 kg N / (ha·a) aufweisen, als räumliche Korrektur summiert. Die Hintergrundbelastung nach UBA und die räumliche und zeitliche Korrektur werden zusammen als ‚Korrigierte Hintergrundbelastung‘ bzw. auch als sog. ‚Vorbelastung‘ bezeichnet.

Der UBA Datensatz berücksichtigt ausschließlich Depositionen innerhalb des Bezugszeitraumes, aktuell bis Ende 2015. Als zeitliche Korrektur werden alle Stickstoffdepositionen von Vorhaben Dritter summiert, die im FIS im Bereich des betroffenen FFH-LRT protokolliert und nach 2015 genehmigt worden sind.

Die Hintergrundbelastung nach UBA und die räumliche und zeitliche Korrektur werden zusammen als ‚Korrigierte Hintergrundbelastung‘ bzw. auch als sog. ‚Vorbelastung‘ bezeichnet.

Zusatzbelastungen, die nicht größer als 3% des Critical Loads sind, gelten als sog. Bagatelle, also als derart geringfügig, dass mit keiner erheblichen Beeinträchtigung zu rechnen ist.

Neben der vorhabensbezogenen Zusatzbelastung wird hierbei auch die kumulative Zusatzbelastung durch andere Vorhaben Dritter berücksichtigt. Die Zusatzbelastung aus Vorhaben Dritter ist die Summe aller Stickstoffdepositionen von Vorhaben Dritter, die im FIS im Bereich des betroffenen FFH-LRT protokolliert und nach der Gebietslistung des FFH-Gebietes genehmigt worden sind und nicht durch Maßnahmen zur Kohärenzsicherung kompensiert worden sind.

Mit Urteil vom 15.05.2019 (7C 27.17) eröffnete das BVerwG unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit eines mehrmaligen Ausnutzens der sog. 3%-Bagatellschwelle. Dieses Verfahren wird aktuell noch fachlich erarbeitet und findet hier in der Stickstoffprüfung noch keine Anwendung. Bei Bedarf muss das Ergebnis der Prüfung in Abstimmung mit der zuständigen Naturschutzbehörde korrigiert werden.

In diesem Prüfschritt wird geprüft, ob eine sog. Flächenbagatelle vorliegt. Dabei werden graduelle Funktionsbeeinträchtigungen in definitorische Totalverlustflächen, sog. Flächenäquivalenzwerte umgerechnet. Unterschreitet der berechnete Äquivalenzwert den maßgeblichen Orientierungswert nach Lambrecht und Trautner (2007) ist von einer Flächenbagatelle auszugehen.

Die Berechnung der Äquivalenzwerte (nacht BAST 2014) sowie des quantitativ-relativen Flächenverlust (%) erfolgt automatisiert in mehreren Teilschritten:
1. Ermittlung der betroffenen LRT-Teilflächen mit einer vorhabensbedingten Zusatzbelastung relativ zum Critical Load des LRT von >3-5%, >5-10%, >10-20%, >20-40% oder >40%. Dies erfolgt durch eine räumliche Verschneidung der Ergebnisse der Ausbreitungsrechnung mit der Fläche des betroffen FFH-LRT.
2. Danach wird in Abhängigkeit der eutrophierungsbedingten Gefährdungsklasse des betroffenen FFH-LRT die graduelle Funktionsbeeinträchtigung in % für die einzelnen Teilflächen der vorhabensbedingten Zusatzbelastung relativ zum Critical Load des LRT ausgelesen.
3. Der Äquivalenzwert für die einzelnen betroffenen LRT-Teilflächen je Zusatzbelastung relativ zum Critical Load des LRT errechnet sich durch Multiplikation mit der jeweils ermittelten graduellen Funktionsbeeinträchtigung (in %). Der gesamte Äquivalenzwert ergibt sich aus der Summe aller Äquivalenzwerte der Einzelflächen, dieser entspricht der sog. definitorischen Totalverlustfläche.
4. Der quantitativ-relativer Flächenverlust entspricht dem Anteil (in %) des gesamt Äquivalenzwertes an dem aktuellen Gesamtbestand des LRT im FFH-Gebiet.
5. Ermittlung des Orientierungswertes des quantitativ-absoluten Flächenverlustes nach Lambrecht und Trautner (2007) Abschließend wird in Abhängigkeit des quantitativ-relativen Flächenverlustes (<= 0,1%, <= 0,5%, > 0,5 %) der Orientierungswert des quantitativ-absoluten Flächenverlustes nach Lambrecht und Trautner (2007) ausgelesen, und überprüft ob dieser durch den quantitativ-absoluten Flächenverlust überschritten wird.

Nein. Im Rahmen der Stickstoffprüfung werden nur die vorhabensbezogenen Flächenäquivalente ermittelt. Die Beeinträchtigungen aus Vorhaben Dritter müssen hier separat durch den Antragsteller ermittelt und evtl. bei der Prüfung kumulierend berücksichtigt werden.

Vorhabensbedingte Nutzungsänderungen oder sonstige Maßnahmen zur Schadensbegrenzung können zu einer Verringerung der Zusatzbelastung bzw. kumulativen Zusatzbelastung führen. Diese müssen vom Antragsteller ‚manuell‘ in die Berechnung der verbleibenden flächenhaften Beeinträchtigung und der Beurteilung der Erheblichkeit einbezogen werden. Die Fläche der verbleibenden Beeinträchtigung des Wirkfaktors ist entsprechend in dem Formularfeld anzupassen und im Bemerkungsfeld zu kommentieren.

Abschließend wird am Ende der Stickstoffprüfung je FFH-LRT eine Beurteilung der Erheblichkeit der zu erwartenden Beeinträchtigungen durch Stickstoffeintrag ausgegeben. Sobald in einer der Fragestellungen der Prüfschritte B oder C die Überschreitung mit ‚Nein‘ beurteilt wird, ist keine erhebliche Beeinträchtigung durch Stickstoffeintrag zu erwarten und die weiteren Prüfschritte nicht weiter zu betrachten. Wenn in den Prüfschritten B und C jeweils die Überschreitung mit ‚ja‘ beurteilt wurde, ist der Prüfschritt D entscheidend. Wenn der ermittelte Flächenverlust des LRT (Äquivalenzwert) im FFH-Gebiet den jeweiligen Orientierungswert nicht überschreitet, ist weiterhin keine erhebliche Beeinträchtigung durch Stickstoffeintrag zu erwarten. Bei Überschreitung des Orientierungswertes ist hingegen mit einer erheblichen Beeinträchtigung zu rechnen.

Nein. Bitte beachten Sie, dass die abschließende Beurteilung der Erheblichkeit in der Stickstoffprüfung keine verbindliche Entscheidung ist, sondern ein rein rechnerischer Ansatz mit den zur Verfügung stehenden Datengrundlagen ist. Die Vollständigkeit und Richtigkeit der Daten kann nicht garantiert werden und sollte im Zweifelsfall gutachterlich bzw. generell durch die zuständige Naturschutzbehörde geprüft werden.